trailer: https://www.youtube.com/watch?v=u021aAWmsbY
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Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet
Alejandro González Iñárritu das Superheldenkino mit der Filmkunst versöhnt?
Sein „Birdman“ eröffnet das Filmfestival von Venedig.
27.08.2014, von DIETMAR DATH,
Filme sind
wie Frösche: Eine reglose Fliege nehmen sie nicht wahr, aber wenn sie sich
bewegt, wird sie gefressen. Je beschädigter die Bewegung, desto unvermeidlicher
das Schicksal der Beute – ein lahmes Flügelchen, schon ist man fällig. Michael
Keaton spielt die Fliege in Alejandro González Iñárritus Drama „Birdman“ –
einen Filmstar mit Karriereknick und Charakterknacks, der in den Neunzigern im
Kino einen Superhelden verkörpert hat, dessen Name dem Film den Titel leiht.
Die Fliege hält sich für einen Vogel. Der Film, der ihren Absturz begleitet,
ist eine Tragödie, die uns zunächst vormacht, sie hielte sich für eine Komödie,
um uns am Ende damit zu beeindrucken, dass sie sich in genau dem Moment als
tragisch erkennt, in dem sie am allerlustigsten wird.
Keatons
Figur kommt aus dem Kommerz und will in die Kunst. Iñárritus „Birdman“ ist
Kunstkino, das mit dem Kommerzkino redet, um herauszufinden, wie verwandt die
beiden sind – kein schlechter Auftakt für ein Festival, das den Zustand des
Weltkinos abbilden will und dabei auch in Zwielichtwinkel leuchten möchte, ohne
den Leuten die Stars vorzuenthalten, die vor den Handykameras noch unwahrer
aussehen als auf der Leinwand, damit die Menge weiß: Sie sind es wirklich.
Neue
Denkweisen
Der arme
Mister Thomson, dem Keaton in „Birdman“ glaubhaft sein Antlitz leiht, hat sich
in den Kopf gesetzt, ein Broadway-Stück auf der Grundlage einer selbst
adaptierten Raymond-Carver-Vorlage zu inszenieren. Als Bearbeitungsautor,
Darsteller und Regisseur in einem umgibt er sich mit unterschiedlichsten
Begabungen: Zach Galifianakis, seine rechte Hand, ist ein fusseliges, aber
engagiertes Butterbällchen, Edward Norton ein Method-Acting-Widerling
(Betrunkene spielt er nur betrunken, Notzucht begeht er auf der Bühne nur mit
echter Erektion), Andrea Riseborough übersetzt die jenseitige Zwitschermeise
von Sängerinnen wie Kate Bush oder Björk ins Mimische, Naomi Watts verfolgt
Keaton mit der Anhänglichkeit einer Ziehtochter, und Emma Stone ist sein
leibliches Kind, das alles von ihm weiß und nichts von ihm wissen will – genau
wie seine Exfrau, Amy Ryan, die ihm ins kinnlose Gesicht mit den treuen
Wasseraugen sagt, was sein Problem ist: Er begreift den Unterschied zwischen
Geliebtwerden und Bewundertwerden einfach nicht.
So zieht er
alles, was ihn umgibt, in seine Läuterungskatastrophe. Bald fragt sich sogar
Naomi Watts, was Keaton sich fragen müsste: Wieso habe ich keine Selbstachtung?
Andrea Riseborough antwortet: „You’re an actress, honey.“ Das tiefste Geheimnis
von „Birdman“ – dessen vollständiger Titel, mit irritierender Einklammerung,
lautet: „Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance)“ – liegt darin, dass
dieser Film eben nicht denkt wie die Theaterkritikerin, die dem implodierenden
Mister Thomson die Tugend der Ahnungslosigkeit bescheinigt und das
Hollywood-Blockbusterwesen als „Cartoons and Pornography“ schmäht.
Iñárritu
analysiert Klischees und sich selbst
Iñárritu
hätte es sich leicht machen können und das Superheldengenre als Metapher für
alles aufs Korn nehmen, was aus dem heutigen Massenbewusstsein schief in die
schönen Bilder hängt, die Leute wie er uns zeigen wollen. Aber „Birdman“ ist
keine Persiflage, sondern selbst ernsthaft angelegt wie ein Superheldenepos:
Leute, die zum Team zusammenwachsen müssen, verdreschen einander erst wie Thor
und Iron Man, Schurken sind – wie Loki oder Thanos – intelligenter als der Held
und so weiter: Alles wie im Comic-Kino.
Dass der
Film kurz vor Schluss auch visuell ins Idiom der Marvel- und DC-Party
hinüberlinst, wäre gar nicht nötig gewesen. Man kapiert auch so, worum es geht:
Keatons Selbstanalyse qua Rollenspiel an der Grenze zur Psychose (Birdman redet
mit ihm und klingt wie Batman, den Keaton einst spielte) ist nicht nur der
Inhalt von „Birdman“, sondern auch die Form, in der Iñárritu sich als Künstler
ebenfalls selbst analysiert – genauer: die Vorzüge und Mängel seiner
Autorenästhetik, von der man schon früher hätte merken können, wie nah sie an
den formelhaftesten, klischeestarrsten, manipulativsten
Hollywoodkinosprachwerkzeugen entlang gebaut ist. Wenn Kinder in Gefahr
gebracht werden müssen, damit wir den Ernst der Lage erkennen, wenn Einsamkeit
durch pfeifende Winde symbolisiert wird, wenn Taubstumme für Besinnung im Lärm
stehen, sind wir dann bei Spielberg oder bei Iñárritu?
Ein
bewundernswerter Film
Das
Auf-emotionale-Knöpfe-Drücken und Nach-Rezept-Kochen wirft die anspruchsvollere
Kritik Spielberg gern vor und übersieht dasselbe gnädig bei Iñárritu. Dabei ist
der Unterschied zwischen dem Gelungenen und dem Missratenen nicht über die
Entscheidung bestimmt, ob man solche Mittel wählt oder vermeidet, sondern ob
sie wirkungssicher oder aufdringlich gebraucht werden. Bei Spielberg gibt es
ebenso beides wie bei Iñárritu: Was in „Biutiful“ Kraft und Masse hatte, war in
„Babel“ schwerfälliger Kitsch.
An „Birdman“
gibt es wenig zu mäkeln – Gustav Mahler als Pathosschaumbad wäre nicht nötig
gewesen, und dass das Bild verschwimmt und kippt, wenn der Held sich besäuft,
ist schwach. Aber das Ganze, in dem dies kaum stört, ist grandios. Zwei Drittel
des Films, der furios gestreckte Anfang samt Mittelbau, wirken schnittfrei, wie
in Erz gegossen, die Kamera hält die perfekte, respektvollste Nähe zu den
Figuren, der Schlagzeugsoundtrack von Antonio Sanchez ist unberechenbar.
Großartig. Kann man „Birdman“ lieben? Das wird man wissen, wenn der Film ein
paar Jahre alt ist und die Auseinandersetzungen ums Kino, die er spiegelt,
anderen gewichen sein werden. Aber bewundern muss man ihn schon jetzt.
Cinecitta
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